Hohe Fluktuation, geringe Arbeitsmotivation, geringe emotionale Mitarbeiterbindung an den Arbeitgeber… Es läuft nicht rund in deutschen Unternehmen. Weshalb eigentlich, schließlich sind durch Home-Office-Regelungen die äußeren Arbeitsbedingungen oftmals so gut wie nie zuvor. Wir denken, eine Schlüsselrolle spielen enttäuschte Erwartungen. Und haben einen Vorschlag, wie Erwarten und Erleben im Unternehmensalltag zueinanderfinden können.
Deutsche Arbeitnehmende sind unzufrieden:
Drei Erkenntnisse, die aufzeigen dass neue Mitarbeitende schnell die Notbremse ziehen und wieder kündigen und dass langjährige Mitarbeitende über die Zeit in die innere Kündigung rutschen. Als Gründe hierfür werden meist äußere Faktoren genannt: Die Unzufriedenheit mit dem Gehalt, den Vorgesetzten, dem Teamklima und vielem anderen.
Enttäuschte Erwartungen spielen bei der Entstehung von Unzufriedenheit eine Hauptrolle. In Zeiten des Fachkräftemangels (siehe auch unseren Artikel „Check mal dein Verwöhnportfolio“) überbieten sich viele Arbeitgeber mit Geschenken und Versprechungen, um die raren Talente für sich zu gewinnen. Was selten explizit gesagt wird: Mit einem überdurchschnittlichen Gehalt, Benefits und Incentives sowie vorweggenommener Wertschätzung sind von Unternehmensseite häufig hohe Erwartungen verbunden. Und die heftig umworbene Person baut ebenfalls hohe Erwartungen für die Zeit nach ihrer Unterschrift unter den Arbeitsvertrag auf – das soll bitte doch so schön weitergehen… Auf beiden Seiten haben sich auf diese Weise die Erwartungen in den letzten Jahren hochgeschraubt. Doch was geschieht im Anschluss an einen erfolgreichen Recruiting-Prozess? Beide Parteien treffen auf die Realität. Autsch! Dabei wird sehr schnell deutlich, dass Erwarten und Erleben weit, teilweise sehr weit, auseinanderklaffen können.
Viele Organisationen schmücken sich zudem mit Labels wie „flache Hierarchie“, „Work-Life-Balance“, „agiles Arbeiten“, „New Work“, „Selbstbestimmtes Arbeiten“ usw. Auch damit schüren sie Erwartungen bei ihren Mitarbeitenden. Treffen diese dann auf frustrierend schlechte Arbeitsabläufe, die tradierten Führungskräfte-Denkschemata, das immer gleiche Mikromanagement und dieselben alten zähen Entscheidungsprozesse, so passt das hinten und vorne nicht zu den New-Work-Versprechungen. Enttäuschung und Unzufriedenheit sind auch hier die Folgen.
Doch wie kann es besser gehen? Wie kann ich für die Mitarbeitenden in einer Organisation den Handlungs- und Erwartungsrahmen aufziehen, den Vision, Unternehmensziele und Unternehmensstrategie versprechen? Einen Rahmen, der Verheißungen des Unternehmens nach außen und Erleben der Mitarbeitenden im Inneren in Einklang bringt? Und damit die unterschiedlichen Erwartungen beider Seiten managt? Die Antwort liegt in einem passgenauen Organisationsdesign.
Organisationen wurden immer schon gestaltet, also „designt“. Leider erfolgt dies immer noch viel zu oft mit einem zu starken Fokus auf die Strukturen. Das Organisationsdesign möchte dem entgegenwirken und fordert eine bewusste Gestaltung aller Faktoren, die die Erwartungen an das Zusammenarbeiten in einer Organisation formen. Ziel ist die bestmögliche Passung zur Strategie des Unternehmens und den Anforderungen der Umwelt. In unserem Verständnis umfasst dies: Die Strukturen, die Steuerung und die Kommunikationsflüsse, die Instrumente zur Festlegung von Zielen und Anreizen sowie zur Vermittlung von Feedback, die Regeln und Richtlinien, die Arbeitsgestaltung und auch die Raumgestaltung. Insgesamt kommen wir auf diese Weise zu einer Arbeitsorganisation, in der die Dinge klug ineinander greifen und alle Beteiligten so gut wie möglich zusammenarbeiten können. Erwarten und Erleben kommen so in einen Einklang.
Anstatt also neuen Mitarbeitenden mit Versprechungen und Incentives immer stärker Zucker in die Augen zu streuen, sollten Unternehmen viel mehr in die Eigenwirksamkeit und Arbeitsfreude ALLER Mitarbeitenden investieren. Und das schaffen sie die Superkraft eines guten Organisationsdesigns nutzt und die folgenden Aspekte klar, deutlich und im Sinne des Unternehmens (und nicht einzelner) regelt:
1. Transparente Strukturen: Wo im Unternehmen ist wer für was verantwortlich?
Für eine reibungslose Zusammenarbeit in einer Organisation, braucht es klare Rollen mit einer passgenauen Zuweisung der Verantwortlichkeiten sowie von Rechten und Pflichten. Was sich einfach anhört, ist in der Realität häufig ein Problem, an dem gerade neue Mitarbeitende regelmäßig verzweifeln. So werden viele Organisationen um Personen herum gestrickt, lassen sich durch Machtspielchen in der Führungsetage strukturell durchbrechen, bleiben bei der Umsetzung einer Reorganisation auf halbem Wege stehen undsoweiter. Alles Faktoren, die in eine völlig falsche Richtung führen und nichts mit einer klugen Organisationsstruktur zu tun haben.
2. Effektive Steuerung: Wer entscheidet was auf Basis welcher Rechte und welcher Prozesse?
Entscheide ich oder mein Chef oder doch die andere Abteilung? So werden günstige Gelegenheiten verpasst und die Handelnden müssen deutlich mehr Energie investieren als eigentlich nötig wäre. Entscheidungs- und Führungshindernisse werden also nicht nur vom Markt bestraft, sondern kosten die Mitarbeitenden sehr viel Nerven, Arbeitszeit und Motivation. Denn wenn ich als Mitarbeitende in die Verantwortung gehe und Dinge entscheidungsreif vorantreibe, die Entscheidung jedoch „von oben“ verschleppt oder nicht getroffen wird, ist das extrem frustrierend. Geschieht das häufiger und mache ich als Mitarbeitender immer wieder die Erfahrung, dass mein hoher persönlicher Einsatz sich letztendlich als sinnlos entpuppt, werde ich irgendwann meinen Einsatz reduzieren – bis hin zur inneren oder äußeren Kündigung.
3. Fließende Kommunikation: Wie kommunizieren wir bestmöglich miteinander?
Was sich so lapidar anhört, ist ein Schlüsselerfordernis in Unternehmen, an dem viele scheitern. Allen im Unternehmen sollte klar sein, was auf welchem Weg zu kommunizieren ist. Allzu oft erleben wir jedoch, dass zu spät, zu wenig oder gar nicht kommuniziert wird oder wesentliche Informationen nur zufällig aufgeschnappt werden – oder eben auch nicht. Gerade neue Mitarbeitende sind auf eine klare und gute Kommunikation angewiesen, da sie noch kein Netzwerk haben, auf das sie zurückgreifen können.
4. Motivation durch Ziele und Feedback: Welches Verhalten erwarten meine Kollegen und Kolleginnen und meine Chefs von mir?
Geeignete Instrumente zur Entwicklung, Festlegung und Kommunikation von Zielen konkretisieren die Erwartungen der Organisation an die Mitarbeitenden. Und die Instrumente geben den Rahmen vor, in dem Feedback übermittelt wird. Gerade Menschen, die neu in ein System kommen, sind darauf angewiesen, dass sie wissen, was von ihnen erwartet wird. Erhält man z.B. erst nach Monaten das Feedback, dass es hier ein Gap gibt, dann kann das schnell in große Enttäuschung münden. Eine Möglichkeit, um dies zu ändern: Ehrliches, klares und direktes Feedback.
5. Klare Regeln und Richtlinien: Welche Leitplanken definieren das Handeln in der Organisation?
Hierbei geht es um die expliziten Spielregeln, die sich ein Unternehmen selbst gibt. Einerseits als Erfordernis aus gesetzlichen Bestimmungen, Normen etc., andererseits selbst auferlegte Regeln, die das Miteinander koordinieren. Dies kann zum Beispiel Arbeitszeiten, Homeoffice, die Nutzung von Arbeitsmitteln und vieles mehr betreffen. Je klarer ein Unternehmen hier nach innen und außen ist, desto besser können sich neue Mitarbeitende von Beginn an darauf einstellen.
6. Optimierte Arbeitsgestaltung: Wie gestalten wir unsere Arbeit optimal?
Viele Unternehmen legen großen Wert auf die Gestaltung ihrer Prozesse. Aber nur sehr selten werden diese als wichtiger Faktor für die Arbeitsfreude und die Mitarbeiterzufriedenheit gesehen. Eine Frage, die wir uns als Berater immer wieder stellen ist, warum viele Unternehmen den Zusammenhang von guten Prozessen, der wahrgenommenen Eigenwirksamkeit der Mitarbeitenden und letztlich ihrer Zufriedenheit nicht stärker beachten. Sperrige Prozesse sind ein ständiger Quell der Unzufriedenheit für die Mitarbeitenden, gerade auch für neu eingestellte. Wenn die schlechten Prozesse noch gegenüber den Endkunden ausgebadet werden müssen, ist die Kündigung oft nur eine Frage der Zeit. Sollte man das den eigenen Mitarbeitenden antun? Wir denken nein und sagen effektive Prozesse und Methoden steigern die Effizienz und die Freude an der Arbeit, was sich unmittelbar in der Arbeitszufriedenheit und den Ergebnissen widerspiegelt.
Ein gutes Organisationsdesign sorgt dafür, dass diese sechs Aspekte sinnvoll aufeinander ausgerichtet werden. Damit wird ein Handlungs- und Erwartungsrahmen aufgestellt, der Vision, Unternehmensziele und Unternehmensstrategie in Einklang bringt. Und damit auch die expliziten und impliziten Versprechungen des Unternehmens nach außen und das Erleben der Mitarbeitenden im Inneren.
Nachdem das Organisationsdesign entworfen ist, beginnt die Umsetzungsarbeit. Ähnlich wie beim Bau eines Hauses, wo nach der Fertigstellung der Struktur die Innenarchitektur, die Möblierung und die laufende Instandhaltung erfolgen, muss auch im Organisationsdesign die Implementierung, Überprüfung und Anpassung an die Bedürfnisse der Bewohner – in diesem Fall der Mitarbeitenden – erfolgen. Es ist ein dynamischer Prozess, der Flexibilität und kontinuierliches Engagement erfordert, um sicherzustellen, dass das Design den sich ständig ändernden Anforderungen des Marktes und der Stakeholder inkl. der Belegschaft gerecht wird. Dabei kommt den Führungskräften eine besondere Rolle zu. Denn sie sind es, die den durch das Organisationsdesign gesetzten Rahmen halten, ihn gegen Angriffe verteidigen, künftige Umweltentwicklungen erkennen und entsprechend handeln müssen.
Orgazign: Bauanleitung für Organisationsdesigner
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