Was zeichnet eine produktive und wirksame Organisation aus? Wenn ich diese Frage in meinen Organisationsdesign-Workshops stelle, lenken viele Teilnehmer ihren Blick schnell auf den messbaren Output ihrer Organisation. Der Output bemisst, welche Arbeitsergebnisse, Produkte und Leistungen ein Unternehmen oder ein Geschäftsbereich durch seine operativen Prozesse hervorbringt. Ein guter Startpunkt, um in der Organisationsentwicklung Verbesserungen und Erfolge oder die Bedeutung von Organisationseinheiten zu messen. Allerdings nur ein Startpunkt, da beim Blick auf die konkreten Ergebnisse und Produkte ein wesentlicher Aspekt außen vor bleibt: Der Outcome der Organisation. In unserer Methode Orgazign unterscheiden wir Output und Outcome voneinander. Aus gutem Grund. Denn erst mit dieser Unterscheidung schafft man es, ein ganzheitliches Organisationsdesign zu entwickeln.
Output und Outcome. Beide Begriffe klingen ähnlich und können leicht verwechselt werden. Wie unterscheiden sie sich?
Der Output ist das, was unmittelbar aus einer Aktivität oder einem Prozess hervorgeht. Es sind die quantifizierbaren, messbaren Ergebnisse oder Produkte, die in der Regel kurzfristig erzielt werden. Beispiele für Outputs sind für eine Personalentwicklungsabteilung die Anzahl der durchgeführten Schulungen, in einem Scrum-Team die erledigten Storypoints oder in einer Bäckerei die Anzahl der hergestellten Backwaren.
Der Outcome hingegen bezieht sich auf die langfristigen Effekte, die sich aus dem Output ergeben, und die Wirkung, die mit dem Output erzielt werden soll. Es geht also darum, wie Outputs auf die Wahrnehmung und Positionierung der Organisation und auf deren Ziele einzahlen. Im Bäckerei-Beispiel etwa können mit demselben Output (hergestellte Backwaren) unterschiedliche Outcomes erzielt werden:
Diese Outcomes sind in unterschiedlicher Weise für das Organisationsdesign bedeutend. Das zeigt sich, wenn wir über die Organisationsformen, Strukturen und Prozesse nachdenken, die nötig sind, um die angestrebten Wirkungen zu erzielen:
BACKSHOP „BROT 2000“: Erfolgsfaktoren für die Differenzierung über den günstigsten Preis sind beispielsweise standardisierte Prozesse, eine effiziente Beschaffung und die Nutzung von Skaleneffekten. Das Organisationsdesign könnte etwa hierauf abgestimmt sein, indem die operativen Abläufe durch ein Prozessmanagement gesteuert und optimiert werden. Darüber hinaus kümmert sich ein zentraler Einkauf um die Beschaffung von industriell vorgefertigten Teiglingen im großen Stil. Und ein Business Development ist für die Entwicklung des Filialnetzes zuständig. Der Fokus liegt in der Belegschaft auf angelerntem Verkaufspersonal mit vielfältigem, aber klar umfassten Aufgabenbereich (von der Bedienung der Backautomaten, über die Bestückung und Reinigung der Auslagen bis zum Kassieren).
BIO-BÄCKEREI „DER MÜHLENBÄCKER“: Um eine Differenzierung über die beste Qualität sicherzustellen, sind vermutlich andere Faktoren entscheidender. Der Bäcker wird sich mit der langfristigen Entwicklung von Lieferantenpartnerschaften auseinandersetzen müssen. Dem Qualitätsmanagement kommt eine zentrale Bedeutung zu, um die Einhaltung der strengen Bio-Standards und Zertifizierungen sicherzustellen. Neben einem gut geschulten Verkaufspersonal, das einer anspruchsvollen Kundschaft Zutaten und Backverfahren erläutern kann, werden sich in der Backstube zumeist gut ausgebildete Fachkräfte finden.
BROT-MANUFAKTUR „BROT-ZEIT“: Um sich über Innovation und Kreativität zu differenzieren, setzt dieser Bäcker auch organisatorisch voll auf Produktentwicklung und Trendscouting. Statt standardisierter Prozesse steht die Kreativität im Mittelpunkt und um Kunden für die ausgefallenen Produkte zu gewinnen, kommt dem Marketing eine entscheidende Rolle zu.
Wir sehen: Ein bei oberflächlicher Betrachtung gleicher Output (hergestellte Backwaren) kann und muss unter Nutzung ganz unterschiedlicher Kompetenzen, Verfahren und Ressourcen erbracht werden – je nachdem, welcher Outcome damit verfolgt wird.
Dabei liefert uns das Bäckerei-Beispiel nur eine Handvoll unterschiedlicher Outcomes, die mit dem gleichen oder ähnlichen Output erzielt werden können. Alle drei (Preis-, Qualitäts- und Innovationsführerschaft) sind auf den Markt- bzw. Wettbewerb ausgerichtet. Denkbar sind auch Outcomes, die sich eher auf die Innenperspektive (z.B. die Mitarbeitenden oder das Management) beziehen, eine rein funktionale Wirkung oder gar emotionale Effekte beschreiben.
Denken wir nun an das Beispiel der Personalentwicklungsabteilung: Welche Outcomes sind hier denkbar?
Übersetzen wir diese Wirkungen in ein geeignetes Organisationsdesign, ergeben sich hieraus erneut ganz unterschiedliche Anforderungen an Kompetenzen, Prozesse, Ressourcen, Schnittstellen, Inputs, Verantwortlichkeiten, Entscheidungs- und Steuerungsverfahren.
Wenn Ihnen die Beispiele einleuchtend, vielleicht sogar banal erscheinen, machen Sie sich bitte bewusst, dass die Wirkung nicht immer so offensichtlich ist. Immer wieder treffen wir mit unserer Methode Orgazign bei unseren Kunden auf Abteilungen oder Teams, die problemlos ihren Output benennen können, sich aber noch nie damit auseinandergesetzt haben, welche Wirkung sie damit erzielen wollen oder müssen. Teils bestehen unterschiedliche Auffassungen darüber, ob zum Beispiel eine Preis-, Qualitäts- oder Innovationsführerschaft angestrebt wird. Als Organisationsdesigner müssen wir in diesem Fall Klarheit herstellen, indem wir zum Beispiel Bezug auf die Unternehmensstrategie nehmen oder die Unklarheit im Team auflösen. Oft stellt sich dabei ein echtes Aha-Erlebnis ein: „Darum also bieten wir diese Leistung an, dafür erbringen wir diese Dienstleistung!“
So eng Outputs und Outcomes miteinander verknüpft sind, so klar sollten sie beide getrennt voneinander definieren und entscheiden, als was Sie Ihre Organisation sehen oder als was Sie gesehen werden wollen. Damit legen Sie einen wichtigen Grundstein für ein passendes Organisationsdesign und schärfen Ihr Selbstverständnis. Oftmals bieten Beispiele und Metaphern aus anderen Branchen oder aus dem Sport einen guten Einstiegspunkt in die Diskussion über das Selbstverständnis und den Outcome: Wollen Sie Backshop oder Brot-Manufaktur sein, Maßschneiderei oder Maßkonfektion, Coach oder Berater, Zehnkämpfer oder Spezialist in einer Disziplin?
Wichtige Aspekte bei der Messung von Outputs und Outcomes
Zeitrahmen: Outputs sind oft kurzfristig und leicht messbar, während Outcomes langfristige Veränderungen darstellen. Es ist wichtig, klare Zeitrahmen festzulegen, um den Fortschritt zu überwachen und sicherzustellen, dass die Outputs die angestrebten Outcomes unterstützen.
Messbarkeit: Outputs sollen quantifizierbar sein, um ihre Wirksamkeit zu bewerten. Outcomes können komplexer sein und erfordern möglicherweise die Verwendung verschiedener Metriken und KPIs.
Ursache-Wirkungs-Beziehungen: Es ist entscheidend, die Beziehung zwischen Outputs und Outcomes tiefgehend zu verstehen. Welche Outputs führen zu den gewünschten Outcomes, und wie können diese Zusammenhänge gemessen und gesteuert werden?
Flexibilität und Anpassungsfähigkeit: Organisationen sollten in der Lage sein, ihre Strategien und Aktivitäten anzupassen, um sicherzustellen, dass die Outputs die gewünschten Outcomes unterstützen. Wenn die ursprünglichen Pläne nicht funktionieren, ist eine Neuausrichtung des Organisationsdesigns erforderlich.
Autor: Johannes Liebmann